Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken
TR Instandhaltung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) veröffentlicht
Das neue Jahr beginnt mit einer wichtigen Neuerung in der Betonerhaltung: Nachdem das europäische Notifizierungsverfahren abgeschlossen worden ist und die Gremien der Bauministerkonferenz zugestimmt haben, tritt die Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung) in Kraft. In den einzelnen Ländern erfolgt die bauaufsichtliche Einführung im Rahmen der Umsetzung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen 2020/1 (MVV TB) in Landesrecht bzw. den jeweiligen Landesbauordnungen.
Technische Regel Instandhaltung schließt Lücken
Die DAfStb-Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ aus Oktober 2001 ist eines der maßgeblichen Regelwerke für die Betonerhaltung. Nach 20 Jahren waren trotz drei Berichtigungen viele Regelungen veraltet und bedurften dringend einer Aktualisierung, insbesondere in Hinsicht auf die Auswahl geeigneter Bauprodukte anhand der jeweiligen Bauwerksanforderungen. Zudem wurde der Anwendungsbereich und Planungsfokus von der reinen Instandsetzung auf die Instandhaltung, also auch um die Aspekte Wartung und Inspektion sowie mögliche Restnutzungsdauererwartungen, erweitert. Die Technische Regel Instandhaltung stellt daher eine wichtige Neuerung dar, die weite Teile der DAfStb-Richtlinie ersetzt. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat das neue Regelwerk in enger Zusammenarbeit mit den Fachkreisen erarbeitet und reagiert damit für den Bereich Betonerhaltung auf bislang erkannte Unstimmigkeiten europäischer Regelungen (BauPVO und harmonisierte Bauproduktnormen) hinsichtlich ausgewählter verwendungsspezifischer Leistungsanforderungen zur Erfüllung geltender Bauwerksanforderungen (vgl. Prioritätenliste für die Überarbeitung defizitärer harmonisierter Bauproduktnormen des DIBt).
Der Wunsch nach Transparenz und Planungssicherheit
Die aktuelle Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken bietet sachkundigen Planern, ausführenden Unternehmen sowie der Bauaufsicht zukünftig konkrete Planungsgrundlagen und eine nachhaltige Planungssicherheit. In der zwei Teile umfassenden Regelwerksergänzung werden viele Bereiche in der Betonerhaltung, die zuvor nicht eindeutig definiert waren, konkretisiert:
- Die Planung der Instandhaltung von Betonbauwerken für den Schutz und die Instandsetzung von Bauteilen aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton (Teil 1).
- Vorgaben zu Bauwerksuntersuchung und Umfang der Planung durch einen sachkundigen Planer unter Beachtung von IST-Zustand, abgestimmten SOLL-Zustand und Restnutzungsdauer.
- Festlegung eines Instandsetzungsziels (auf Basis der DIN EN 1504) bzw. -prinzips und Auswahl eines dafür geeigneten Verfahrens.
- Auswahl geeigneter Bauprodukte unter Berücksichtigung der Anforderungen an Bauwerke.
- Die Frage, welche Leistungsanforderungen müssen Produkte, Leistungen und Systeme für die Instandhaltung von Betonbauwerken erfüllen, um die Tragfähigkeit, Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit und weitere Grundanforderungen von Betonbauteilen zu erhalten oder wiederherzustellen (Teil 2).
Ziel der Technischen Regel Instandhaltung ist es, professionelle Lösungen und praxisrelevante, zuverlässige Grundregeln für die Betonerhaltung zu bieten.
Eine europäische Lösung muss her
Die TR Instandhaltung greift vor allem dort, wo durch auslaufende Übergangsregelungen Lücken entstanden sind. Dennoch kann auch sie lediglich eine Übergangslösung darstellen. Ziel ist es, auf europäischer Ebene ein verbindliches Regelwerk zu definieren, das die Anforderungen und Bedürfnisse der Bauindustrie, der Betonerhaltung sowie der Bauchemie angemessen berücksichtigt. Um diesen Konsens zu finden, wird naturgemäß mit „harten Bandagen“ gekämpft, jeder vertritt seine Interessen mit Nachdruck – das ist wichtig für eine tragfähige und zukunftsfähige Lösung. Traditionell gewachsene hohe Sicherheitsstandards in Deutschland treffen auf die Forderung nach Freiheitsgraden im Bauproduktenrecht.
Der tragische Hochhausbrand im Londoner Grenfell Tower hat gezeigt, dass die strengeren deutschen Regeln für Wärmedämm-Verbundsysteme durchaus ihre Berechtigung haben. Doch die Regelungen sind in vielen Ländern unterschiedlich und berücksichtigen nationale Besonderheiten. Entsprechend schwierig ist es, einen Konsens auf europäischer Ebene herzustellen. Der Status Quo ist – trotz der neuen TR Instandhaltung – nach wie vor unbefriedigend.
Die Ruine des Grenfell Towers im Londoner Stadtteil North Kensington nach dem Brand. In der Nacht zum 14. Juni 2017 breitete sich das Feuer über die zuvor modernisierte, wärmegedämmte Fassade in wenigen Minuten über das ganze Gebäude aus. 72 Menschen starben. © Alex Donohue/istockphoto.com
Stillstand ist keine Option
Kritische Stimmen und gegensätzliche Positionen sollten uns nicht dazu verleiten, im Stillstand zu verharren, sondern Lösungen zu suchen. Die regulatorische Flaute dauert schon viel zu lange an. Auch wenn es schwierig sein wird, einen europäischen Konsens zu finden, führt daran kein Weg vorbei. Alle Beteiligten warten dringend auf ein Signal, dass sich etwas tut. Die Hoffnung auf Fortschritt wurde bisher jedoch enttäuscht.
Übergangslösungen, wie die TR Instandhaltung, sind nicht perfekt – aber sie bringen neue Impulse, aus denen sich etwas Neues entwickeln kann. Wir appellieren an alle am Bau Beteiligten und fachlich interessierte Kreise, sich kurzfristig wieder auf einer technischen Grundlage zusammenzufinden, um an der Entwicklung der Regelwerke und Bauprodukte für die Betoninstandhaltung auf europäischer Ebene zu arbeiten. Vielleicht muss dann erstmal der kleinste gemeinsame Nenner das nächste Etappenziel sein, oder das Einberufen eines Vermittlungsausschusses. Ein weiser Mann hat einmal gesagt: „Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt“ – aufeinander zugehen wäre ein wichtiger nächster Schritt.
Bei Interesse können Sie die neue Technische Regel als PDF von der Website des DIBt herunterladen: